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Die klerikale Darstellung

 

Vielen stellt sich folgendes Problem: man möchte gerne einen Mittelaltermarkt besuchen. Gewandet. Aber was zieht man an? Ah! Genau! Mönch!!! Die kennt jeder, das ist einfach und schnell umgesetzt, man passt in alle Zeiten und hat wenig Arbeit. Super Idee!

Und so tummeln sie sich dann auf den Plätzen: der "Markt-Franziskaner" mit billiger Kutte (häufig gar aus dem Faschingsfundus!), dem obligatorischem Strick um den Bauch und mit Birkenstock-Sandalen. Alternativ begegnet man auch hie und da einem Bruder Tuck mit Bierkrug und Schwert (ich weiß echt nicht, wer von beiden schlimmer ist...). Auch gerne genommen: das Modell "Streitbarer Wandermönch", mit Sackleinen-Kutte und Kriegskeule am Gürtel. Ganz mutige trauen sich auch gerne mal an Zisterzienser, bar jeden Wissens, was sie denn da tun. Und weil es sich ja so gehört, kommt auch hier der Strick als Gürtel zum Einsatz!

Man, man, man...

Aber es geht durchaus auch anders!

 

Rollenfindung

Eine Sache vorneweg: wer sich für die glaubhafte Darstellung einer Person aus dem Ordensbereich entscheidet, sucht sich damit eine der schwierigsten Rollen der Szene aus. Will man die Darstellung eines Ordensangehörigen korrekt, nachvollziehbar und halbwegs geschichtsnah interpretieren, braucht es eine Menge Disziplin. Auch sollte man sich möglichst umfangreich über diese Personengruppen informieren, auch über die Geschichte des jeweiligen Ordens. Und mehr als einmal in der Saison sollte man auch eine gehörige Portion Spott vertragen können... Aber wenn man erst einmal auf den Geschmack gekommen ist, läßt einen diese Geschichte nicht mehr los.

In einem Ordenshaus gibt es zahlreiche unterschiedliche Personen, Ränge, "Dienstgrade".  Neben den Mönchen gab es auch immer Laienbrüder bzw. "ziviles Personal", die rund um und im Kloster lebten. Es bieten sich also verschiedene Möglichkeiten der Darstellung.

 

Mönche

Der "richtige" Mönch ist eigentlich eine Figur, die in der Realität eher selten in der Öffentlichkeit zu sehen ist. Die meistens Orden hielten ihre Brüder dazu an, die Konvente nicht zu verlassen. Einige tun es bis heute überhaupt nicht. Den Kontakt mit der Außenwelt hielten meist die Laienbrüder aufrecht. Manche Ordensgemeinschaften, beispielsweise die Dominikaner, weichen von dieser Regelung ab und begeben sich gezielt unter die Leute, um ihre Lehre zu verbreiten. Aber auch andere Gemeinschaften werden sicher hie und da notgedrungen unterwegs gewesen sein. Und somit ist ein Mönch auf einem Markt zwar nicht unbedingt ein Regelfall, aber doch denkbar.

Bereits im Mittelalter gab es eine Vielzahl von Ordensgemeinschaften: Benediktiner, Dominikaner, Franziskaner, die Ritterorden und viele andere mehr. Alle diese Orden hatten und haben unterschiedliche Kleidung. Bevor man sich Hals über Kopf eine Knotenschnur als Gürtel kauft, sollte man sich also vorher ein wenig informieren, ob es so ein Teil im gewählten Orden überhaupt gegeben hat.

Es würde zu weit führen, hier alle Orden aufzuführen und näher zu beleuchten. Daher nur eine Bitte zu diesem Thema: Leute, wenn ihr einen Mönch darstellen möchtet, entfernt euch von den üblichen Klischees! Informiert euch, lest euch ein, nehmt es ernst, man wird es euch danken!

 

Ordensschwestern

Eine sehr schöne Darstellung, an die sich leider (noch) nicht viele heran trauen, ist die Ordensschwester. Zugegeben, es ist aus unserem modernen Verständnis heraus nicht ganz einfach, sich in diese Rolle einzufinden und es bedarf einer "Gewöhnungsphase". Aber es ist in jedem Fall den Versuch wert!

Obwohl die Schwestern (noch mehr als die Mönche) angehalten waren, ihre Ordenshäuser nicht zu verlassen, waren Nonnen durchaus auch auf Reisen anzutreffen: möglicherweise beim Umzug in ein anderes Kloster oder auf einer Pilgerreise. Möglicherweise auf dem Weg zu einer reichen Gönnerin, um geistigen Beistand zu leisten oder vielleicht auch zu einem Krankenbesuch?

Es gab schon damals verschiedene Nonnen-Konvente, die sich in ihrer Kleidung recht ähnlich sind. Einige Ritterorden hatten ebenfalls angegliederte Schwesternkonvente, so dass sich auch hier zahlreiche nette Möglichkeiten ergeben.

 

Novizen

Ob Mann oder Frau, wer neu in ein Kloster eintritt, beginnt sein Leben dort mit dem Noviziat. Erst nach dieser "Lehr- und Probezeit" (die u. U. Jahre dauern kann), wird er als vollwertiger Mönch oder Nonne fest im Kloster aufgenommen und legt die endgültigen Gelübde ab.

Im Regelfall sind die Novizen anders gekleidet als die Mönche. Benediktiner beispielsweise bekommen das weite Chorgewand erst mit der Weihe, und Novizinnen tragen statt des schwarzen Schleiers einen weißen. Ansonsten wird man auch hier um eine Einzelrecherche nicht herum kommen.

Die Darstellung eines Novizen ist ein guter Einstieg in die Welt des Klosterlebens. Und nicht nur das: es ist auch ein guter Einstieg in das Hobby als solches oder in eine neue Gruppe. Man hat Zeit, sich zu orientieren, muss sich noch nicht endgültig festlegen. Und wenn es nicht passt, ist man schnell wieder "draußen". Man muss nicht viel wissen und darf Fehler machen. Genau wie im wahren Leben.

 

Laienbrüder und -schwestern

Heute bezeichnet der Begriff "Laienbruder" einen Mönch ohne Priesterweihe. Im Mittelalter war das anders.

Laienbrüder waren keine "vollwertigen" Mönche. Sie legten andere Gelübde ab, trugen einfachere Gewänder und lebten nicht innerhalb des abgeschlossenen Klosterbereichs, der für die Chormönche und -Nonnen vorgesehen war.

Sie kamen meist aus einfachen Gesellschaftsschichten, konnten häufig nicht Lesen und Schreiben und waren dementsprechend wenig gebildet.

Während die Mönche und Nonnen sich vorrangig dem Gebet und der Schreibarbeit bzw. dem Studium der Schriften widmeten, versahen Laienbrüder und -schwestern gewöhnlich die anfallenden Arbeiten rund um den Klosterbetrieb. Sie arbeiteten beispielsweise in den verschiedenen Handwerken, in Garten und Küche oder in der Tierhaltung. Häufig wurden auch von den Laienbrüdern Botengänge u. ä. in die nicht-klerikale Außenwelt des Klosters übernommen, da die Mönche angehalten waren, das Kloster möglichst nicht zu verlassen. Sie nahmen natürlich auch an den Gottesdiensten teil, allerdings nicht im Chorgestühl.

Hier ergeben sich für die Darstellung sehr schöne Ansätze, auch das wäre ein guter Einstieg in diese Szene. Die Kleidung kann sehr schlicht und praxisbezogen sein, auch handwerkliche Aktivitäten lassen sich hier gut einbauen. Es wäre bei einem Quereinstieg auch denkbar, die bislang getragene Alltagskleidung weiter zu verwenden, damals hat man das möglicherweise auch so gehandhabt. Die richtige Rolle zum "reinschnuppern", sozusagen.

 

Beginen und Begarden

Wem der Schritt zu Mönch oder Nonne zu "krass" ist, kann sich ggf. an dieser Darstellung versuchen.

Beginen und Begarden waren Frauen und Männer, die in einer klosterähnlichen Gemeinschaft lebten. Im Gegensatz zu den regulären Ordensleuten legten sie keine Gelübde ab. Dennoch lebten sie nach bestimmten Regeln, die häufig auf der Benediktiner-Regel basierten. Die Beginenkonvente, auch Höfe genannt,  übernahmen u. a. die Pflege der Kranken. Außerdem dienten die Beginen Gott durch Studium und Gebet.

Neben den in Konventen lebenden Beginen gab es "schweifende" Beginen. Sie hatten in der Regel ein Mutterhaus, verließen dieses jedoch, um sich auf Wanderschaft zu begeben. Dabei erhielten sie oft durch verschiedene weltliche Herren eine mehr oder minder dauerhafte Herberge, wobei sie im Gegenzug ihre Dienste z.B. Weben und Spinnen anboten.

Die Kleidung der Beginen dürfte in etwa der Ausstattung der Schwestern entsprochen haben.

Sie trugen ein einfaches Unterkleid sowie ein Überkleid aus naturfarbener (weiß, grau, braun) Wolle.

Da die Beginen im Gegensatz zu den vorwiegend betenden Schwestern mehr körperliche Arbeit verrichteten, kann man davon ausgehen, dass die Kleidung eher "praxisnah" gearbeitet war. Sprich: keine große Stoff-Fülle, schmal geschnittene Ärmel.

Ebenso wie die Nonnen trugen sie Schleier, wobei man von einem hellen Schleier ausgehen sollte. Der schwarze Schleier war den Nonnen vorbehalten.

Beginengruppe mit einem (Benediktiner?) Mönch

 

Priester, Bischöfe oder gleich den Pabst?

Grundsätzlich sollte man bei der Darstellung von kirchlichen Würdenträgern EXTREM vorsichtig sein! Nicht genug damit, dass man sich sehr schnell lächerlich machen kann, man muss auch sehr darauf bedacht sein, keine Grenzen im Bezug auf kirchenrechtliche Dinge zu überschreiten!

Merke: nicht jede Nonne muss gleich eine Hildegard von Bingen sein, nicht jeder Klosterbruder ein Heiliger Franziskus! wink

Fangt mit einer einfachen Darstellung an. Von Promis sollte man eher die Finger lassen!

 

 

Verhalten als Ordensdarsteller

 

Wer sich dafür entscheidet, eine klerikale Darstellung aufzubauen und wer dem "modernen Menschen" heutzutage das monastische Leben des Mittelalters nahe bringen möchte, kommt nicht umhin, sich mit der Problematik dieser Darstellung auseinanderzusetzen. Als Darsteller eines Personenkreises aus dem kirchlichen Umfeld (Mönchsritter, Mönche, Kapläne usw.) hat man eine gewisse Verantwortung gegenüber diesem Personenkreis! Alle diese Menschen folgten (und folgen bis heute!) sehr strengen Regeln, legten Gelübde ab, hielten eiserne Disziplin.  Viele Ordensgemeinschaften, die im Mittelalter gegründet wurden, existieren bis heute. Die Mitglieder dieser Gemeinschaften reagieren (völlig zu Recht!) sehr unentspannt und durchaus auch mit juristischen Folgen, wenn man ihre Ordensgemeinschaft verunglimpft!

Daher sollte man sich auch heutzutage in der gewählten Rolle gewissen Regeln unterwerfen! Religiöse Bräuche sind unbedingt zu respektieren und Grenzen sind einzuhalten. Wenn Darsteller auf Märkten Zeremonien aus dem kirchlichen Umfeld abhalten, sollte dies mit dem nötigen Ernst geschehen! Veralberungen jeder Art sind fehl am Platz!

Leider wird dieser Punkt von erschreckend vielen Darstellern vergessen oder nicht beachtet. Daher soll an dieser Stelle noch einmal explizit auf einige Punkte hingewiesen werden! 

 

Wer es nicht schafft, sich mit diesen Punkten anzufreunden und sich halbwegs daran zu halten, sollte im Sinne der Glaubwürdigkeit und dem Respekt gegenüber den Vorbildern eine andere Darstellung in Erwägung ziehen!

 

Und so folgt hier ein kleiner

"Ordens-Knigge"

 

Respektvoller Umgang mit allem, was mit dem Glauben zu tun hat, sollte eine Selbstverständlichkeit sein! Sprich: Teilnahme an Messen u.ä. mit dem gegebenen Ernst ist dringend angesagt! Zumindest ein Vaterunser oder ein Tischgebet sollte man mitbeten können. Auch sind Grenzen innerhalb der Kirchenliturgie zu respektieren, beispielsweise kann und darf es nicht sein, dass ein Laie sakramentale Handlungen vollzieht (ein Beispiel: eine Andacht darf jede Person halten, die Eucharistie-Feier ist ein Sakrament!).

Wie man privat über diese Dinge denkt, steht auf einem anderen Blatt, aber in der Darstellung gibt es da eigentlich kein Pardon!

Fremde Religionen und ethnische Gruppen sind zu respektieren! Der Glaubenskrieg der Kreuzzugszeit kann und darf keinesfalls in die Jetzt-Zeit transportiert werden! Ihr lagert in der Nachbarschaft von Andersgläubigen? Respektiert sie! Achtet ihre Bräuche, stört nicht ihre Riten! Nur wer anderen Respekt entgegen bringt, darf ihn auch für sich selbst einfordern!

Mönche haben Keuchheitsgelübde abgelegt! Daher bitte nicht mit der Freundin Hand-in-Hand oder schmusend über den Platz spazieren! Damit gerät die Darstellung zur Parodie.

Lautes Gröhlen, "Platz da für den Orden"-Brüllen oder sonstiges auffälliges Gehabe sollte unbedingt unterbleiben. Demut und Bescheidenheit galten als große Tugend.

Am hellichten Tag in deutlich angetrunkenem Zustand durch die Gegend zu irren macht keinen guten Eindruck. Es hat ja keiner Einwände gegen ein Glas Bier, aber man sollte seine Grenzen kennen.

Legt euch zumindest rudimentäre Kenntnisse über eure Darstellung und den jeweiligen Orden zu! Merke: "Lesen schadet der eigenen Unwissenheit!"

Verhaltet euch respektvoll gegenüber Besuchern, Darstellen, wem auch immer! Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, hier besonders hervorzuheben.

"Ecce quam bonum et quam iucundum habitare fratres in unum.". Freundlicher, disziplinierter und brüderlicher Umgang mit Mitgliedern anderen Ordensgruppen wäre wünschenswert. Ein respektvoller Gruß, ein freundliches Wort hat noch keinem geschadet. Leider auch bei weitem keine Selbstverständlichkeit.

 

 

 

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